GEISTLICHES WORT
Liebe Gemeinde,
das neue Jahr ist kein unbeschriebenes Blatt. Hoffnungen und Sorgen bringen wir immer schon mit.
Wie können wir uns angemessen darauf einlassen? Was ist „realistisch“? Wo liegen hier die Chancen für Neuanfang und Aufbruch, was dürfen wir hinter uns lassen und was uns vornehmen gerade auch in diesem Jahr?
Der Theologe Ernst Lange hat mich nachdenklich gemacht. Er schrieb:
Man darf den sogenannten Realisten nicht die ganze Menschenwelt überlassen. Wir haben eine Wahl, als Menschen.
Wir haben die Wahl einer ganz anderen Möglichkeit zu leben.
Man sieht sie an Kindern und eine kleine Weile vor und nach der Geburt auch an ihren Müttern. Man sieht sie an Künstlern und Forschern, an Gründern und Erfindern und Heiligen.
Alle diese Gruppen haben eines gemeinsam: Sie lassen sich nicht von ihren bösen Erfahrungen leiten, sondern von ihren guten Erwartungen. Sie sind nicht abgeschreckt durch das, was war, sondern gespannt auf das, was kommt. Sie leisten sich die Vorfreude auf das, was noch nicht dagewesen ist, auf die Utopie, auf das, was als Kommendes von den Realisten nie verrechnet werden kann. Für sie ist die Welt voller Verheißung, jedenfalls voller erfreulicher Chancen.
Jesus hat diese ganz andere Möglichkeit zu leben, von der Ernst Lange schreibt, gewählt.
Er hat sich eingelassen auf das Wagnis zu leben, und hat darin alles erfahren was Menschen füreinander tun und was Menschen einander antun können.
Mit seinem Leben und mit seinem Leiden hat er die ganze Welt der Realisten durchschritten, doch da dies noch lange nicht alles ist, werden wir Ostern feiern.
So ermutigt Jesus uns dazu, die Welt mit anderen Augen zu betrachten: Um zu sehen, was gesehen werden muss, und nicht nur zu schauen, was andere uns gerne vor Augen malen wollen.
Ihr Lars Lemke